Algen! Ein Problem?

Es gibt mehrere, in ihrem Wesen ganz verschiedene Algen. Darunter sind solche, deren Entstehung in unseren Aquarien wir selber verschulden; aber auch andere, die wir durch deren Sporen mit neu erworbenen Pflanzen und Fischen "erwerben" können. Schon das zu wissen ist viel wert, weil wir damit eine rechte Anzahl von Arten vermeiden können und darum nur die "erworbenen" bekämpfen müssen. Dabei gibt es für jede eine andere Bekämpfungsart. Viele lassen sich biologisch durch Fische bekämpfen, eine jede jedoch mit anderen Fischen, weshalb die in Büchern übliche Bezeichnung "Algenfresser" bei Fischen nicht viel nützt, solange man nicht weiss, welche Fische welche Arten fressen. Nur drei Arten sind lediglich mit dem jeweils spezifischen Algenmittel zu bekämpfen. Das alles findet sich in dieser Broschüre, beschrieben von einem, der 40 Jahre seines Lebens damit zu tun hatte.

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ALGEN, - EIN PROBLEM?

Wenn wir aufmerksam die Fischportraits des Aquarienatlas durchlesen, könnten wir kaum vermuten, dass Algen Probleme geben können – angesichts der grossen Menge jener Fische, die zu ihrer Ernährung Algen brauchen. Ein Beispiel dafür: Unter der Rubrik "Zucht" steht beim Jamaika-Kärpfling auf Seite 596 des ersten Bandes (4. Aufl.): "Gut möglich, wird aber selten durchgeführt. Da die Art Algen und Pflanzenteile als Nahrung bevorzugt, erfreut sie sich geringer Beliebtheit unter den Aquarianern." Und unter "Besonderes" steht zusätzlich: "Kümmert, wenn nicht genügend Algen vorhanden sind."

Für einen Aquarienpflanzenzuchtbetrieb, der alle seine Pflanzen unter Wasser (submers) kultiviert, ein Satz, der aufhorchen lässt. Ich habe mir diesen Fisch darum erworben, ihn zu Hunderten gezüchtet und in meinen Aquarien verteilt – natürlich sehr vorsichtig, weil er ja immerhin auch Pflanzenteile bevorzugen soll. Er frisst bei mir – zu Hunderten gehalten! – weder Pflanzenteile noch Algen!

Ein weiteres Beispiel: Bei Otocinclus affinis steht auf Seite 492 unter der Rubrik "Futter": "Algen, Futtertabletten". Ein Fisch, der in meinem Betrieb sogar bei zusätzlichem Futter in den meisten Füllen nie grösser wird, auch dann nicht, wenn ich ihn in einem alten, veralgten Becken beherberge. Schön zuzusehen ist es zwar, wie er emsig über einen Algenteppich "dahinraspelt"; aber es werden die Algen nicht weniger und der Fisch nicht grösser. Fazit: Algen – – – doch ein Problem?!

Ja wirklich! Wenn ich es für meinen Betrieb auch im Griff habe, so erkenne ich doch aus den oft täglichen Anfragen, dass die Fachliteratur und die üblichen Algenmittel nicht viel weiterhelfen. Darum soll in diesem Buch darüber berichtet werden, wie wir in unseren Kulturen mit Algen umgehen:

Eine Algenart, die alle Pflanzen sowie Steine und überhaupt alle Gegenstände mit der Zeit mit einem bräunlichen Belag überziehen kann – besonders in wüchsigen Aquarien –, nennt man Kieselalgen, im Volksmund auch Braunalgen genannt. Es ist eine Algenart, deren Sporen praktisch in jedem Wasser vorkommen. Ob sie auskeimen und sich vermehren, hängt ganz vom Milieu ab, das heisst von einem Gemisch vieler Faktoren und deren Verhältnisse untereinander. Diese braunen Überzüge sind nicht schön und hemmen vor allem das Pflanzenwachstum durch ihren Überzug, der das zum Wachstum der Pflanzen unbedingt notwendige Licht nicht mehr in genügendem Masse durchlässt. Dagegen gibt es einen einzigen zuverlässigen Fisch, die indische Saugschmerle (Gyrinocheilus aymonieri). Ein einziger Fisch, besonders ein junges Exemplar, genügt vollkommen, um ein 6oo-Liter Aquarium sauber zu halten. Man sollte nie mehrere verwenden, da sie sich durch ihre gegenseitigen Attacken höchstens an der Arbeit hindern. Ich halte in all meinen Aquarien einen dieser Fische. Stirbt einmal einer, ohne dass ich es bei der Vielzahl der Becken bemerke, so sehe ich das dennoch etwa zwei bis drei Monate danach, wenn mir die leicht bräunlich trüb gewordene Frontscheibe bei den Hantierungen im Aquarium die Sicht erschwert. So sicher und zuverlässig ist dieser "Arbeiter". Er sollte auf keinen Fall zusätzliches Futter erhalten, da er mit bloss dieser Kieselalgennahrung noch schnell genug gross wird.

Eine andere Algenart überzieht, zumeist von einem kleinen Fleck ausgehend, mit der Zeit ebenfalls alle Pflanzen und Gegenstände, jedoch mit einer bläulichgrünen Farbe – Schmier- oder Blaualge genannt. Sie ist ganz leicht mit den Fingern von Blättern und Gegenständen zu wischen – im Gegensatz zu den vorher genannten Kieselalgen, die nur unter mässigem Druck und mehrmaligem Reiben von Hand entfernt werden können. Diese zweite Art, die Schmieralge, stinkt an der Luft auch ganz erbärmlich. Der Wissenschafter unterscheidet mehrere Arten. Uns Aquarianer interessieren die Unterschiede aber wenig, weil sich – mit einer Ausnahme – dennoch alle etwa gleich verhalten und schnell ausbreiten, und zwar oft ziemlich rasant. Auch ihre Sporen sind in jedem Wasser enthalten, entwickeln sich aber nur in einem ganz bestimmten Milieu. Bei dieser Art jedoch wissen wir genauer, was zu diesem Milieu gehört. Es sind vor allem Stickstoffverbindungen – vor allem solche mit Kohlenstoff zusammen –, so wie sie in den lebenden Zellen vorhanden sind und wie sie auch bei der Zersetzung abgestorbener Zellen frei werden. Es hat dabei aber keinen grossen Sinn, das Gesamtwasser auf Nitrit und Nitrat testen zu wollen, weil solch kleine, erst entstehende Stickstoffkonzentrationen erstens noch nicht reduziert und zu Nitrit und Nitrat oxydiert sein müssen und sie sich überdies oft stark örtlich begrenzt vorfinden – zum Beispiel über den an der Wasseroberfläche flutenden Blättern von Aquarienpflanzen, sofern sich Flockenfutter über die Oberfläche des Wassers dorthin verbreitet hat, wo es den Fischen weder ersichtlich noch zugänglich bleibt, sodass es sich dort langsam zersetzen kann. Dagegen empfiehlt sich ein Futterring! Aber auch nicht entdeckte verendete Fische können durch ihre Zersetzung und dem Freiwerden ihrer Eiweiss- (=Stickstoff-)Verbindungen zu Brutstätten dieser Algenart werden. Das Fatale dabei ist, dass diese Art kein Fisch verzehrt. Bei einem nur allerschwächsten Überzug werden sie noch am ehesten von Posthornschnecken (Planorbis) verzehrt; aber nur, wenn diese in grosser Anzahl vorhanden sind, sodass sie unter stetem Hunger leiden müssen. Aber selbst dann putzen sie sie oft nicht vollständig sauber zusammen. Dagegen hilft also nur ein Algenmittel, denn die einmal im Wachsen begriffene Alge setzt ihr Wachstum – wenn auch etwas vermindert – in einwandfreiem Wasser fort. Zum Beispiel "minus 2", das innert 6 bis 7 Tagen mit ihnen fertig wird und sie vollständig beseitigt. Einziger Nachteil dabei: die Pflanzenarten der Familie der Hydrocharitaceen – also beispielsweise Vallisneria, Wasserpest und Krebsschere – ertragen dieses Mittel nicht, allen andern Pflanzen aber schadet es nicht. Wie weiter oben schon erwähnt, gibt es eine Art dieser Gattung, die hier dennoch beschrieben werden muss, weil sie sich anders verhält und auch anders bekämpft werden muss, so selten sie auch auftreten mag. In den 40 Jahren des Bestehens unseres Wasserpflanzenzuchtbetriebes haben wir sie nicht ein einziges Mal in unsern Aquarien gehabt. Wir kennen sie aber von den Algenproben her, die uns von unseren privaten Kunden immer wieder zur Bestimmung mitgebracht oder zugesandt werden, damit wir ihnen die richtige Bekämpfungsmöglichkeit angeben können. Diese Art ist wie erwähnt sehr selten und unterscheidet sich von der üblichen Art durch mehrere Merkmale. Erstens ist ihre Farbe nie bläulich grün, sondern dunkel- bis schwärzlichgrün. Der Überzug ist wesentlich dicker als bei der üblichen Art und kann bis einen Millimeter dick werden. Dabei ist er nicht so oberflächenglatt sondern hat ein ganz leicht haariges Aussehen, ohne dass aber je "Haare" über seine Oberfläche hinausragen würden. Er kann auch nicht gut entfernt werden – im Gegensatz zur üblichen Art, die sich schon bei der leisesten Berührung von ihrer Unterlage löst und dann in Fetzchen oder ganzen Fetzen im Wasser treibt. Auch stinkt diese Schmieralge nicht. Diese Art kann auch nicht mit "minus 2" bekämpft werden, hingegen sind sie ein gefundenes Fressen für die Posthornschnecken (Planorbis), die sie bei genügender Anzahl (ca. 30 Stück pro 100 l Aquariumwasser) innert einigen Tagen vollkommen eliminieren.

Nun gibt es noch eine dritte Algenart, deren "Sporen" (oder inaktive Form) im Wasser vorkommen, ohne dass sie sich vermehren müssen. Sie ist die merkwürdigste von allen! Es ist die grüne Schwebealge (Euglena viridis), auch Augentierchen genannt. Das ist eine mikroskopisch kleine, bloss einzellige Alge, die sich aber mit zwei Plasmafäden im Wasser frei bewegen kann und die einen kleinen, roten Fleck besitzt, der das Licht wahrnehmen kann. Also eine Pflanze mit Auge und Fortbewegungsmittel, wie wir es sonst nur von Tieren kennen! Hochinteressant für Forscher mit Mikroskopen; für uns Aquarianer weniger. Denn diese Augentierchen vermehren sich derart, dass das ganze Wasser undurchsichtig grün wird, sodass wir bei starker Vermehrung schon 5 bis l0 cm hinter der Frontscheibe Gegenstände (auch Fische) zwar noch wahrnehmen, aber nicht mehr erkennen können, weil sie uns nur noch durch ihre Schattenwirkung erscheinlich werden. Auch ihr Wachstum und ihre Vermehrung wird durch ein Zuviel an gelösten Stickstoffverbindungen und weiteren Nährstoffen gefördert. Aber in älterem Aquariumwasser gedeihen sie dennoch nicht so recht, im Gegensatz zu neu eingerichteten Aquarien. Das mag an den dort vielfältig vorhandenen Huminsäuren liegen. Denn mit rigoroser Torffilterung – alle zwei bis drei Tage neuer Torf – kann sie oftmals eliminiert werden. Mit dieser Algenart haben es oft Anfänger zu tun, und zwar vor allem zu Beginn ihres neuen Hobbys. Weil da noch frisches Wasser – ohne Huminsäure – zur Verfügung steht und zusätzlich oftmals viel zu viel gefüttert wird, während anderseits die Pflanzen noch zu wenig der dabei durch die reichliche Kotabgabe bedingten, im Wasser gelösten Düngestoffe aufnehmen können. Denn zumeist sind zusätzlich noch zu wenig Pflanzen vorhanden und die wenigen vorhandenen erst noch nicht so recht eingewachsen. Genügt in diesem Falle eine Torffilterung nicht, so bleibt hier nur noch die kostspielige Methode der UV-Bestrahlung als Gegenmittel. Einen Trost aber haben wir dabei: So unmöglich uns das Ganze vorkommen mag, den Fischen geht es dabei gut! Denn sauerstoffreicheres Wasser können wir niemals haben. Einzig bei direkter Sonneneinstrahlung kann die Sauerstoffproduktion dieser Augentierchen oder Schwebealgen so gross sein, dass die Fische zu torkeln beginnen oder gar verenden könnten. Bei blossem Kunstlicht besteht dagegen keine solche Gefahr.

Noch eine weitere Algenart, die Punktalge, kann in jedem Wasser auftreten, ohne dass man sie mit Pflanzen oder Fischen einschleppen muss. Sie bestehen aus kleinen, höchstens 2 mm grossen, runden Punkten, die anfänglich immer hellgrün sind und so verteilt auftreten – besonders an den Aquarienscheiben –, dass es den Anschein hat, als ob jemand einen Pinsel mit einem Rest von grüner Farbe ausgeschleudert hätte, und die einzelnen Farbtröpfchen wären auf die Scheiben oder auch auf die Oberfläche der Pflanzenblätter gefallen. Mit der Zeit werden diese Punkte dunkler; durch die Vermehrung wird der Abstand zwischen ihnen immer kleiner, bis sich ein fast einheitlicher schwärzlicher Belag zu bilden beginnt. Sie lieben das Licht und treten darum vor allem zuerst an Aquarienscheiben auf, durch welche intensives Tageslicht oder direkter Sonnenschein fällt. Pflanzenblätter, die teilweise von anderen überdeckt werden, weisen diese Alge nur an den nicht überdeckten Stellen auf, während sie an bedeckter Stelle frei bleiben. Diese Alge ist fähig, dem mit Kalk gebundenen CO2 den Kalkanteil abzuspalten, um das frei gewordene CO2 zum Wachstum zu verwenden, sodass als Folge dessen über ihnen ein rauher Kalkbelag entsteht – etwa wie Schleifpapier aussehend, der auch rauh wie Schleifpapier anzufühlen ist. Zumeist werden diese Algen zu keiner Plage – ausgenommen an den Scheiben, wo sie mechanisch entfernt werden können. An tieferen, mit Licht wenig verwöhnten Stellen finden wir sie nicht. Ich kenne nur einen einzigen Fisch, der ihrem äusserst harten Belag Meister wird: Labeo paulinus. Es braucht aber eine Menge davon, weil sich jeder einzelne Fisch nur an seinem bevorzugten Platz an ihnen derart gütlich tut, dass sie dort dann auch verschwinden.

Diese vier, bis jetzt beschriebenen Algenarten sind in ihren Sporen praktisch in jedem Wasser vorhanden, entwickeln sich also bei zusagenden Verhältnissen, ohne dass wir sie "einschleppen" müssen. Die folgend beschriebene Algenart müssen wir zwar einschleppen, aber kaum einer weiss, womit. Natürlicherweise wären fremde Pflanzen und Fische (bei letzteren in Kiemen und unter den Schuppen vorhanden) Überträger aller weiteren Algenarten. Aber die nun folgende braucht weder Fische noch Pflanzen zu ihrer Übertragung – obwohl sie natürlich dadurch ebenfalls eingeschleppt werden kann. Es genügt aber ein Glas Wasser mit etwas Flockenfutter darin, das an die Sonne gestellt wird, um sie zum Wachsen zu bringen, denn ihre Sporen sind im Flockenfutter enthalten. Es ist die Pelz- oder Samtalge, die mit ihren kurzen, ungeteilten, hell- bis mittelgrünen "Haaren" an hellen Orten ganze Flächen mit ihrem weichen samtartigen Pelz überzieht. Um sie vermeiden zu können, müssen wir bei der Fütterung der Fische vorsichtig sein. In meinem Betrieb haben wir sie grundsätzlich nicht, ausser in den Fischnachzuchtbehältern, wo wir natürlich dem Wachstum der Jungfische zuliebe etwas grosszügiger füttern. Bei Verwendung von Flockenfutter sollte man in Schauaquarien des Wohnbereiches grundsätzlich einen Futterring verwenden, der gross genug ist, also z.B. l0 x 15 cm für Aquarien bis l00 l oder 15 x 25 cm für grössere Aquarien. Mit ihnen verunmöglichen wir die unkontrollierte Ausbreitung der Futterflocken auf der Wasseroberfläche und verhindern damit erstens die Entstehung von Schmieralgen durch das Aufliegen der Flocken auf den Schwimmblättern und zweitens die Auskeimung der im Futter enthaltenen Sporen der Pelz- oder Samtalge. Zudem müssen die Fische nicht in allen Winkeln nach abgesunkenen Flocken suchen, sondern nur auf dem Grundstück unter dem Futterring.

Nun gibt es glückliche Menschen, die bekommen solche Algen nicht, obwohl sie rigoros und unbedenklich füttern. Aber wie so oft im Leben unternehmen solch Glückliche – natürlich unbewusst – alles, damit ihr Glück zu Ende geht. Wer so füttert, vermehrt nämlich mit den dabei vorkommenden Futterresten die Posthornschnecken (Planorbis). Ihre erst frisch aus dem Laich geschlüpften Jungen sind so klein und zart, dass sie weder gesunde Pflanzen noch Algen verzehren können. Sie sind geradezu auf unsere Fütterungsart von Flockenfutter angewiesen, welches bei seinem Zerfall so weich wird, dass es auch von diesen winzigen Mäulern aufgenommen werden kann. Während bei einem Laichgelege von etwa l00 bis 500 Körnern normalerweise nur fünf bis zehn Jungtiere davon kommen – eben der Kärglichkeit des Futterangebotes wegen – kommen bei reichlicher und unkontrollierter Flockenfütterung fast l00% der geschlüpften Jungen durch. Resultat: Vermehrungsraten, die einer monatlichen oder zweimonatlichen Verdoppelung gleich kommen. Nun sucht der geplagte Aquarianer nach Mitteln und Wegen, seine ungebetenen Gäste loszuwerden, obwohl sie ihm nicht einmal sonderlich schaden.

Endlich wird ihm in einer Zoohandlung die Prachtschmerle als Mittel gegen diese "Plage" angeraten. Er kauft sie und – – in 30 Tagen ist er glücklich seine ganze Schneckenplage los. Aber schon zwei Monate später findet er überall, besonders in der obern Hälfte seines Aquariums, einen feinen, hellgrünen Flaumbelag auf allen Oberflächen (der Blätter, Steine und anderer Gegenstände), der sich schnell zu einer samtartigen, grünen Matte auswächst. Nun ist der ehemals Glückliche sein Glück endlich einmal losgeworden. Denn diese lästige Alge ist eben die Samt- oder Pelzalge, die wir mit Flockenfutter in unser Aquarium bringen können. Sie ist mit Algenmitteln nicht zu bekämpfen, und keiner weiss einen guten Rat. Wenn er dann noch Pflanzen aus seinem Aquarium entweder in ein zweites verpflanzt oder einem Kollegen gibt, so hat er auch dort, oder hat auch sein Kollege dieselbe Algenplage.

Viele kenne ich, die dadurch keine Ruhe mehr hatten und nichts unversucht liessen, aber alles ohne Erfolg, bis sie dann zu mir sich verirrten. Und ich zeige solch gewesenen Glücklichen dann jeweils den Werdegang ihres Unglücks. Wenn sie dann – ungeduldig hinhörend – auf der Beantwortung der Frage nach einem Gegenmittel beharren, so muss ich ihnen eröffnen, dass es kein chemisches Mittel dagegen gibt, auch keinen Fisch, durch den sie diese Plage völlig los würden (der Blackmolly ist zwar ein Liebhaber dieser Algenart, zupft auch stetig und fleissig an ihr, kriegt sie auch wirklich kleiner, aber niemals weg!). Das einzig wirksame Mittel dagegen ist – sage ich dann jeweils mit bedeutungsvoller Mine –: "Jene Schneckenart, die Sie mit der Prachtschmerle erfolgreich ausgerottet haben, aber die können Sie nicht zur Anwendung bringen, solange Sie Ihre Prachtschmerle besitzen. Schenken Sie sie also einem Kollegen!" Wenn im Moment zwar viele sich auch nicht von ihrer prächtigen Prachtschmerle trennen wollen, so kommen doch die meisten eines schönen Tages wieder und wollen sich jene Posthornschnecken für 50 Rappen das Stück wieder erwerben, die sie vorher in ihrem Aquarium ausgerottet haben. Die Schnecke selber ist zwar wirklich billig, aber – – – nicht so sehr die Algenbekämpfung. Denn es braucht für ca. l00 l Aquariuminhalt mindestens 35 Stück und für 300 l Inhalt wenigstens 120 Stück, weil die Schnecken zur wirksamen Bekämpfung den gesamten Algenrasen in spätestens 3 Wochen gefressen haben müssen. Geht es langsamer, weil zu wenige Schnecken vorhanden sind, so hat die Alge in dieser Zeit die Möglichkeit, sich durch Sporen wieder zu vermehren und damit die eben frei gefressenen Plätze wieder neu zu besiedeln. l00 Stück kosten aber dennoch nur Fr. 50.--, also kaum das Doppelte eines untauglichen Mittels und dieser Betrag ist schon darum nicht schlecht ausgegeben, weil uns der ganze Vorfall belehrt, wie verzweigt und vernetzt sich in der Ökologie alles gestaltet und wie schön es ist, bedachtsam vorzugehen, aber auch, wie schön es ist, umfassend beraten zu werden und schliesslich auch, weil wir damit wirklichen Erfolg haben. Denn diese Schnecken fressen zu-erst kreuz und quer Gänge oder Strassen durch diese samtenen Algenfelder, sodass es auf grösseren Flächen den Anschein hat, als wäre ein Motormäher ziellos durch ein noch grünes Getreidefeld gefahren. Am Ende bleiben dann nur noch kleine Inselchen dieses Rasens übrig bis schliesslich auch diese noch völlig verschwunden sind. Und nie mehr werden welche kommen – sofern sie längstens innert 3 Wochen vernichtet wurden und die Schnecken im Aquarium bleiben. Vermehren sich diese mit der Zeit, so wird noch immer zu viel gefüttert – allerdings ohne Algenfolgen. Geht ihre Anzahl langsam zurück, so wird richtig gefüttert, das heisst, es ist für die geschlüpften Jungtiere kein genügendes Aufzuchtfutter mehr vorhanden.

Meine Futterempfehlung bei Flockenfuttergaben lautet darum: Pro Fütterung 7 x 1/7 der benötigten Menge innert zwei bis drei Minuten geben, sodass auch der kleinste Rest noch von den Fischen gefressen wird, während bei einer einzigen Gabe der ganzen Menge auf einmal viel zu viel Flocken zu Boden fallen. Eine weitere Anmerkung ist hier noch notwendig: Welse und andere Bodenfische möglichst nie mit Flockenfutter oder Futtertabletten füttern. Denn Tablettenfutter hat in etwa dieselbe Zusammensetzung wie Flockenfutter. Dafür Welsfutter der Firma Roswal Produkte AG verwenden, das in seiner Zusammensetzung keine solchen Algen hat.

Alle fortan noch zu behandelnden Algenarten müssen mit Pflanzen oder Fischen ins Aquarium gelangt sein, sofern sie sich dort zu zeigen beginnen, da ihre Sporen in unseren Gewässern nicht vorhanden sind und auch nicht im Flockenfutter verarbeitet werden. Unter ihnen sind zwei Arten besonders bekannt, weil sie sehr häufig auftreten und äusserst beharrlich bleiben. Denn sie trotzen den üblichen Algenmitteln.

Die eine ist die schwarze Büschel- oder Pinselalge, die andere die Fadenalge, die in zwei Varianten vorkommt. Einmal als lange, hell- bis mittelgrüne Fäden besonders im oberen, besser belichteten Aquarium-teil oder dann als watteartige, grüne Gespinste oder Knäuel auf dem Boden des Aquariums. Ob sie zur Gattung Spirogyra gehören oder zur Gattung Ulothrix, spielt bei unserer Betrachtung keine Rolle, denn erstens kenne ich für beide kein sicher wirkendes chemisches Mittel, und zweitens sind ihnen beiden die überall empfohlenen sog. Putzer fische in keiner Art und Weise gewachsen. Was die alles putzen sollen, das wissen nur die andern. Ich hingegen habe es in allen meinen Becken von weit über 20'000 Litern Inhalt noch nie herausgefunden. Aber zwei Fische habe ich im Laufe der Zeit kennen gelernt, welche dieser Alge sicher Meister werden, obwohl sie in der Literatur nicht gross erwähnt werden. Der eine ist der Florida-Kärpfling "Jordanella floridae", der im Aquarienatlas als Allesfresser aufgeführt wird. Auch Algen sind erwähnt, doch steht leider nie, welche Algenarten. Er frisst meiner Erfahrung nach nämlich keine andern ausser eben gerade Fadenalgen. Ich hatte nach meiner Entdeckung seiner Vorliebe l0 Stück dieser Art in einem 50 l Aquarium (altes Fischaufzuchtzuchtbecken) angesiedelt, das keine Pflanzen hatte, sondern nur vom Boden hin bis zur Hälfte seiner Höhe mit einem undurchdringlichen Gewirr dichtester Fadenalgenknäuel bewachsen war, so dass selbst diese eierlegende Zahnkarpfenart nicht bis auf den Boden vordringen konnte. Innert 14 Tagen haben diese zehn Fische bis zum letzten Faden alles aufgefressen. Der Boden war nun bedeckt mit einer ca. 4 mm hohen Schicht grünen Kotes. Lange Zeit habe ich diesen Fisch mit hundertprozentigem Erfolg allen meinen Kunden als Fadenalgenvertilger verkauft. Nicht ein einziges Mal in über l0 bis 12 Jahren hat er versagt. – Und dennoch verkaufe ich ihn heute nicht mehr. Diese Tatsache lässt aufhorchen und macht natürlich neugierig, weshalb. Nun, der Grund liegt ganz wo anders, als man ihn vermuten würde. Denn nicht Erfolglosigkeit ist der Grund dafür; auch keine sog. Nebenwirkungen, wie wir sie von Medizinen im allgemeinen her kennen, obwohl dieser Fisch wahrlich eine Medizin nicht nur für das Aquarium ist und bleibt, sondern auch für die Gemütsstimmung des durch Fadenalgen gestressten Aquarianers. Der fatale Grund dafür ist lediglich seine Beschaffbarkeit. Lange Zeit erhielt ich grosse Mengen von einem privaten Züchter, der dann mit der Zucht einmal aufgehört hat. Ein klein wenig züchtete auch meine Frau. Aber – obwohl sie sich seit etwa acht Jahren zur professionellen Fischzüchterin gemausert hat, die schon über 40 Arten erfolgreich nachgezüchtet hat, blieb ihr der Erfolg bei diesem Algenfresser – wenigstens in grösserem Masse – stets verwehrt. Was also tun? Einen andern Fisch suchen? Wo? In Büchern? Dort fanden wir zu viele, die in der Praxis sich nicht bewähren. Also suchten wir in unserer Praxis. Und richtig, wir fanden einen, von dem es in der einschlägigen Literatur nicht einmal heisst, dass er Algen verzehre. Wenn er in seiner diesbezüglichen Leistung auch nicht ganz an den Florida-Kärpfling herankommt und er in rund 20 Versuchen nur bei 19 überzeugt hat, so ist er doch mit einer Fehlerquote von nur 5% ein äusserst verlässliches Mittel gegen Fadenalgen, das wir seit über l0 Jahren nicht nur bei uns, sondern auch bei allen unsern Kunden unzählige Male erfolgreich eingesetzt haben. Dieser in seiner Eigenschaft äusserst rare Fisch ist die altbekannte Prachtbarbe, (Barbus conchonius). Das Männchen ist ein äusserst prächtiges Tier von anfänglich rotgoldener bis zuletzt leuchtend roter Farbe, ähnlich dem Rot einer rot leuchtenden Abendwolke; das Weibchen ist eher un-scheinbar, aber in der Leistung dem Männchen nicht nachstehend, es eher noch übertreffend. Für ein l00 l Aquarium reichen drei bis fünf Stück vollkommen aus. Für 200 bis 300 l Aquarien braucht es schon 8 bis 12 Stück. Nur ein einziges "aber" haben beide Fische, der FloridaKärpfling wie die Prachtbarbe: Sie dürfen beim Einsetzen zur Algenvertilgung nicht einmal ganz halbwüchsig sein, sollen sie mit dem Algenfressen beginnen (nicht über 2 cm lang). Denn nur in ihrer Jugendphase suchen sie nämlich danach! Wenn sie dann diese Kost auch erhalten, so bleiben sie ihr bis zu ihrem Tode treu. Erhalten sie diese aber in ihrer Jugendzeit nicht, so suchen sie in spätern Zeiten auch nicht mehr danach. Das bedeutet für die Praxis: Wo sie einmal Fadenalgen gefressen haben, dort gibt es keine mehr, solange diese Fische im Aquarium bleiben – also zumeist bis zu ihrem Tode. Vielfach sind die Algen dann für ein solches Aquarium vollständig ausgerottet, aber es kommt auch immer wieder vor, dass sie innerhalb eines halben Jahres nach dem Verlust der Fische wieder neu zum Vorschein kommen. In diesen Fällen braucht es eben erneut wieder Jungfische dieser Art. Es entscheidet sich normalerweise in den ersten drei Wochen nach Einsetzen der Fische, ob es klappt. In bloss 5 bis 8% aller Fälle klappt es bei Prachtbarben nicht – beim Florida-Kärpfling immer. Beim Einsetzen der Fische ist es nützlich, einen Grossteil der Fadenalgen von Hand zu entfernen, damit sie sich bis zum Zeitpunkt der Erkennung als Futter nicht zu stark vermehren. Auch die Reduzierung des Futterangebotes in den ersten zwei Wochen nach Einsetzen der Fische trägt viel dazu bei, dass die Fische – auf stetiger Nahrungssuche – diese Algen möglichst bald finden und als Nahrung lieb gewinnen.

Bei der schwarzen Büschelalge oder Pinselalge, wie sie auch genannt wird, liegen die Dinge etwas anders. Zwar gibt es Garnelenarten, welche sie wirklich fressen; das habe ich selber nachgeprüft. Aber diese fressen so gemütlich, dass sich die Algen trotzdem noch weiter vermehren können. In einem 50 l Aquarium ohne Bodengrund und nur einer schwimmenden, wenigblättrigen Anubias nana voller Büschelalgen brauchen 15 Tiere doch immerhin mehrere Wochen, bis sie mit den Algen an dieser Pflanze fertig sind. In einem mit dieser Algenart befallenen Becken reichen diese Tiere also in keiner Art und Weise aus, zumal sie auch Gefahr laufen, von grösseren Fischen gefressen zu worden. Den zum gleichen Zweck neuerdings angepriesenen Glimmerlabeo habe ich in über 60 Exemplaren getestet. Nicht in einem einzigen Fall hatte ich dabei Erfolg! Darum habe ich ein eigenes Mittel gegen diese Algenart entwickelt, das von dieser Alge aufgenommen wird, wodurch sie abstirbt. Weil es keinen "Killerstoff" enthält, sondern einen Nährstoff, der erst im Übermass zum Tode dieser Alge führt, braucht es 8 bis l0 Wochen lang eine wöchentliche Gabe, bis die Algen restlos verschwunden sind. Das Mittel heisst "help" und muss über die Vernichtung der Alge hinaus noch etwa 4 Wochen lang gegeben werden, damit auch etwa übrig gebliebene und in dieser Zeit aufkeimende Sporen noch vernichtet werden. Der Vorteil dieses Mittels liegt darin, dass es für fast alle Pflanzen, besonders aber für Cryptocoryne- und Hygrophilaarten sowie für Echinodorusarten, Javafarn und besonders für alle rotblättrigen Pflanzen ein richtiges Stärkungsmittel (Biostatikum) ist. Und das zwar derart, dass es in einem Aquarium, welches mit Cryptocorynen voll bepflanzt ist, in der halben Zeit nachdosiert werden muss, weil es zu schnell von den Pflanzen aufgenommen wird, als dass genügend davon für die Algen übrig bliebe. Die Gryptocorynen wachsen stark davon und falls sie krank waren (schleimig zerfallende Blätter), werden sie davon gesund. So wird diese lästige Alge bei ihrer Bekämpfung zu einem richtiggehenden Gewinn für das ganze Aquarium.

Einen interessanten Effekt, den man in der Heilkunde schon länger kennt und als homöopathisches Gesetz bezeichnet, lässt sich mit diesem Mittel nachweisen. Der homöopathische Grundsatz besagt nämlich, dass ein Stoff oder eine chemische Stoffkombination, welche die Gesundheit in irgend einer Weise beeinträchtigt, bei gehöriger Verdünnung(oft mehrere Millionen mal) just jene Gesundheitsschäden oder Krankheitsbilder behebt, deren Art und Erscheinungsbild er in konzentrierter und damit giftiger Form hervorruft. Wenn man also "help" bloss in der halben oder gar nur in einer Vierteldosis anwendet, so beginnen die Algen schneller zu wachsen als die Pflanzen. Diese Erscheinung kommt dadurch zustande, dass es für beide – für Algen wie für Pflanzen – einen Nährstoff enthält, dass aber die Obergrenze der Konzentration dieses Stoffes bei den Algen um ein Vielfaches tiefer liegt als bei den Pflanzen, weshalb es dann – nach Vorschrift dosiert – für die Pflanzen in homöopathischem Sinne stimulierend wirkt, während es den Algenwuchs bis zum Erlöschen hemmt.

Bartalgen auf Cryptocoryneblättern

Eine weitere ebenso hässliche schwärzliche Alge wie die Pinselalge heisst Bartalge. Sie gehört zu den Rotalgen (Compsopogon) und setzt sich gerne auf Blättern fest. Dabei bevorzugt sie augenfällig ganz bestimmte Pflanzengattungen. Am allerliebsten und immer zuerst siedelt sie sich auf den Wasserfreundgewächsen an, und zwar auf allen Arten und Formen, z.B. auf dem normalen Wasserfreund, auf seiner schmalblättrigen Form, auf dem Riesenwasserfreund (sog. Kirschbaum) in allen seinen Formen, also auch auf der schmalblättrigen Form mit ihren l0 cm langen und nur 5 mm breiten Blättern; dann aber auch auf dem Wasserstern, der ja ebenfalls zu den Wasserfreundgewächsen gehört. Weiter bevorzugt werden Alternanthera und Vallisneria. Bevor nicht diese alle befallen sind, finden wir sie kaum auf anderen Pflanzen. Erst bei reichlichem und starkem Befall wächst sie dann auch auf allen andern Pflanzen. Ihre Fäden sind dick, derb und krause, wirr und verzweigt. Das Erscheinungsbild erinnert an die früher zum Spänen der Böden verwendeten Stahlspäne. Der einzelne Faden ist dicklich, vielfach gekrümmt und mehrfach verzweigt, mit einer Lupe besehen von durchsichtig schwärzlicher bis schwarzgrüner oder auch feldgrauer Farbe, ähnlich einem Rauchglas. Sie kann gelegentlich von Fischen kurz gehalten werden, und zwar auch von solchen, von denen man es kaum denken würde, weil sie im Übrigen weder Algen noch Pflanzen als Nahrung brauchen oder zu sich nehmen, wie zum Beispiel Sumatrabarben. Im Allgemeinen jedoch kenne ich für diese Art keine Fische, die ihr über längere Zeit Einhalt geböten. Aber zwei Substanzengruppen kenne ich, die ihr schädlich sind und sie vernichten. Die eine gehört zu den quaternären Ammoniumverbindungen, die innert Stunden tödlich auf die Alge wirkt, aber nicht ganz unbedenklich für die Fische ist. Bei vorsichtiger Anwendung habe ich sie aber jahrelang erfolgreich und ohne Schäden angewandt, bis ich dann eine bessere Bekämpfungsart gefunden habe, welche die Fische in keiner Weise behelligt, die Diskusfische sogar zum Laichgeschäft anregt. Allerdings braucht es dabei 8 volle Tage Einwirkungszeit, um die Algen abzutöten. In beiden Fällen werden die sonst schwärzlichen Algen zuerst rötlich und danach weisslich und lösen sich dann auf. Das für Fische besser verträgliche Mittel habe ich als "minus 2" in den Verkauf gebracht; darum "minus 2" genannt, weil es zwei Algenarten aus unsern Aquarien zum Verschwinden bringt, nämlich die früher beschriebene Schmieralge und eben diese lästige Bartalge.

Und weil es schade wäre, die Beschreibung der so vielgestaltigen Wesensart der Algen schon an dieser Stelle beenden zu müssen, hat sich die Natur noch eine weitere Algenart einfallen lassen, die sich in unseren Aquarien auch wirklich wohl fühlt: Die grüne Büschelalge. Sie ist zwar nicht so schlimm, weil sie sich eher selten auf lebenden Pflanzen festsetzt. Sie kann aber dafür leicht den ganzen Boden bedecken. Sie wird grösser als die braunschwarze Art und kann bis zu 4 cm Durchmesser erreichen. Weil sie, wie die schwarzen, aus einem einzigen Punkt wachsen, der aber nirgendwo festsitzen muss, so haben sie oft das Aussehen von hellgrünen Sternen. Das Milieu, in welchem sie fortkommen, ist ein pflanzenfreundliches. Sie schaden nicht. Wer sie trotzdem loswerden will und es nicht zuerst mit allen Algen fressenden Fischen versuchen will, dem möchte ich zwei Arten verraten, die darin sehr zuverlässig sind. Die eine, die dabei schnellere Art ist der Schleierschwanz, eine Goldfischabart, die auch im Warmwasseraquarium bis zu 26°C vorzüglich gedeiht. Zwei oder drei solcher Fische brauchen da bei einem 200 l Aquarium, bei welchem der Boden davon schon leicht bedeckt ist, kaum über zwei bis drei Wochen. Die andere Art braucht etwas länger, und besser ist es, von ihr gleich 5 bis 6 Exemplare zu erwerben, weil sie nicht so effizient schafft. Es sind die siamesischen Rüsselbarben (Grossocheilus siamensis).

Mit all diesen Angaben bleibt es nun dem Leser überlassen, zu beurteilen, ob Algen ein Problem sind oder nicht. Recht interessant ist sicher das ökologische Zusammenspiel, das örtlich schnell einmal vom Gesamtspiel abweichen kann und Verhältnisse schaffen kann, die wiederum das Gesamtspiel wesentlich verändern, um nicht zu sagen verderben können. Je mehr Faktoren darin wirksam werden, desto verwirrender wird die Vielfalt der Möglichkeiten, aber desto stabiler und weniger leicht veränderbar ist das Gleichgewicht (ältere Becken werden kaum von Schwebealgen befallen). Bei genügender Übersicht über die Verhältnisse kann dafür aber mit nur wenig Veränderungen eine grosse Wirkung erzielt werden. Zu dieser Aussage bleibt mir noch etwas zum Thema Schmier- oder Blaualgen nachzuholen übrig: Bei sehr alten (alteingerichteten) Aquarien die überdies selten einen Wasserwechsel bekommen (vielleicht alle 6 Monate) kann der nicht messbare kohlenstoffgebundene Stickstoff sehr leicht einmal im gesamten Aquarium (also nicht nur örtlich) so gross sein, dass sich einmal fast gleichzeitig überall Schmieralgen bilden – dann oft im gesamten Gebiet der Filterströmung beginnend. Dass dort – eben in jenem stabilen Milieu eines Schmieralgengleichgewichtes – nach einer allfälligen Algenbekämpfung 2 bis 3 fast totale Wasserwechsel im Abstand von je sieben Tagen notwendig werden, lässt sich leicht von selber aus dem bei dieser Alge Ausgesagten ableiten.

Eine wesentliche Voraussetzung zur Algenbekämpfung ist beispielsweise guter Pflanzenwuchs. Das habe ich zwar nicht wörtlich geschrieben, aber es leitet sich daraus ab, dass die Algen wie die Pflanzen bestimmte, sie fördernde Stoffe zu ihrem Wachstum benötigen. Braucht sie die gesunde Pflanze zu ihrem Wachstum, so bleiben sie den Algen vorenthalten, solange sie nicht örtlich überhäuft vorkommen, wie bei der Schmieralgenentstehung beschrieben.

Weil Algen im weitern Sinne auch Pflanzen sind, ist ihr Fortkommen – wenigstens der höher entwickelten Formen (Fadenalgenarten und grüne Pinselalge) – im Aquarium für die Fische immer noch besser als zu wenig, oder zu wenig gut wachsende Pflanzen. Falls aber der Pflanzenwuchs an und für sich zum Problem geworden ist, müsste erst einmal dieses Problem gelöst werden. Die Lösung dafür finden Sie im Buch "Über die Ernährung der Wasserpflanzen", das im gleichen Verlag erschienen ist. Es ist darin ein äusserst einfacher und unkomplizierter Weg beschrieben, der ohne technische Mittel auskommt und in unserer Wasserpflanzenzucht seit über 40 Jahren erfolgreich angewendet wird.

Es gibt allerdings noch eine Algenart, von der ich noch nie irgendwo gelesen habe und deren Vorhandensein im Aquariumwasser äusserst schwer zu erkennen ist, wenn sie nicht dominant auftritt. Von dieser Alge muss ich der Vollständigkeit halber auch noch berichten. Wir kennen sie in unserem Betrieb zwar schon viele Jahre; aber ein erstes Mal wurden wir durch einen unserer privaten Kunden aus Zürich schon vor 35 Jahren darauf aufmerksam gemacht. Seit jener Zeit benennen wir sie – eben weil wir sie nirgends beschrieben gefunden haben –  mit einem von uns ersonnenen Namen. Er lautet: "Geisteralge"; und das mit einigem Recht, wie aus nachfolgender Schilderung sogleich ersichtlich wird.

Jener Kunde brachte uns einige von ihr befallenen Pflanzenblätter als Anschauungsmaterial mit und übergab mir das Glas mit Wasser, in welchem er diese Alge transportiert hatte. Ich nahm das Glas in meine Hände und betrachtete seinen Inhalt vor der Türe, also in vollem Tageslicht, in meiner linken Hand eine 15 mal vergrössernde Lupe bereithaltend, mit welcher ich jeweils Details der Formen erkennen kann. Auf den ersten Blick sah ich nichts auf den sonst ganz gesunden Blättern. Ich drehte das Glas, veränderte auch meinen Standpunkt gegenüber dem Licht, sodass es mehrheitlich seitlich einfallen konnte, aber ich entdeckte auch so nichts. Auch der Gebrauch meiner Lupe brachte nichts hervor an das helle Tageslicht! Ehrlich gesagt, ich schämte mich ein wenig, dass ich als Fachmann diese Alge überhaupt nicht einmal sehen konnte, die meine Kundschaft doch immerhin bewogen hatte, ganze 45 km von Zürich her zu mir zu fahren. Darum strengte ich meine Augen wieder und wieder an. Als die Zeit meiner Suche dann doch allzu lange zu dauern begann, musste ich mich dazu entscheiden, einzugestehen, dass ich diese Alge einfach nicht finden könne, und bat den Mann des vor mir stehenden Ehepaares, mir die Alge doch zu zeigen. Dieser nahm das Glas wieder in seine Hände, sah fast ebenso lange in das Glas wie vorher ich selber. Dann übergab er es seiner Frau mit der Bemerkung, dass er selber nun auch keine Alge mehr sehen könne, dass sie aber ja mit dabei war, als sie die veralgten Blätter vor der Abfahrt in das Glas mit Wasser getan hätten. Aber auch sie fand keine Algen mehr trotz ihrer Versicherung, dass es tatsächlich Algen auf den Blättern gehabt habe, als sie sie in das Glas mit Wasser gaben. Etwas verlegen bemerkte da der Mann zu mir: "Sie denken oder glauben vielleicht von uns, dass wir nicht ganz hundertprozentig zu-rechnungsfähig sind. Aber wir sind dennoch fest überzeugt, dass wir tatsächlich von Algen befallene Blätter mitgenommen haben." – Ich gab ihm darauf zur Antwort, dass ich schon viel zu viel erlebt hätte, um gleich der Meinung zu sein, dass jemand nicht normal sei, der mir etwas zu sehen mitbringt, das im Moment einfach nicht zu sehen ist, aber ich könne selbstverständlich, solange ich nichts sehe, auch nichts weiter beurteilen. Er beschrieb mir dann die Alge als einen schwärzlichen, gallertartig aussehenden Saum an den Blatträndern.

Erst etwa drei Jahre später entdeckten wir diese von ihm beschriebene Erscheinung einmal in einem unserer Aquarien, kurz nachdem wir einige aus den Tropen importierte Wasserpflanzen eingesetzt hatten. Es sind tatsächlich ihrem ganzen Wesen nach Geisteralgen! Denn jeden neuen Tag, etwa zwei Stunden nach dem Einschalten der Beleuchtung, aber oft auch bei der leisesten Erschütterung lösen sie sich von den Blatträndern ab und im Wasser so völlig auf, dass sie oft nicht einmal eine Trübung verursachen – also für das normale Auge völlig unsichtbar werden. Gegen Abend und in der Nacht hingegen sammeln sie sich wieder an den Blatträndern und werden dadurch wieder sichtbar. Das Fatale dabei ist die Tatsache, dass sie sich in der Nacht und am frühen Morgen nicht unbedingt an den Blatträndern versammelt zeigen müssen. Sie können ebenso gut unsichtbar im Wasser verbleiben, wo sie dann allerdings, aber nur bei starker Vermehrung, das Wasser ganz leicht zu trüben beginnen können. Die Farbe ist ein ganz leichtes, nur dunstiges Hellgrau. In dieser Form schaden sie dem Pflanzenwuchs ungemein, sodass er stagnieren kann – für den Laien ohne jeden ersichtlichen Grund! Denn die Trübung ist oft so schwach, dass sie nur von jemandem wahrgenommen wird, der sie kennt und der darum auch nach ihr sucht.

Leichte Gaben von Eisen- oder auch von Kupfersalzen locken sie "aus dem Busch" oder aus ihrer Reserve, sodass sie sich nachts an die Blattränder oder auch an Adventivwurzeln mit einem gallertartig aussehenden Dunstschleier anzusetzen beginnen und damit endlich einmal sichtbar werden, wobei dann das Wasser manchmal kristallklar wird, sodass Pflanzen, Fische und Gegenstände fast zu funkeln scheinen. Aber auch dann – nach Zugaben dieser beiden Metallsalze – dauert diese Sammlung an den Blatträndern nur höchstens zwei Stunden über das Einschalten des Lichtes hinaus.

Diese Alge ist nicht nur äusserst schwierig zu erkennen, solange sie sich nicht setzt, sondern ebenso schwierig, für bleibend zu bekämpfen. Mit Diatomfiltern wird man ihnen innert Tagen Meister, aber auch nur so lange als der Filter läuft – auch noch nach monatelangem Gebrauch! Das beste und sicherste Mittel dagegen ist ein UV-Wasserklärer. Nach dreiwöchigem Einsatz bleibt das Wasser zumeist klar und die Pflanzen beginnen wieder zu wachsen. Aber oft erscheinen diese Geisteralgen vier bis sechs Monate später dennoch wieder. Als chemische Mittel wirken unserer Erfahrung nach nur "Algumin" oder Methylenblau in sehr hoher Dosierung. Aber auch dabei können sie nach Monaten wieder aufzuleben beginnen.

Geisteralgen
Auf dem linken Bild erkennt man ganz leichte schwärzliche Ränder; auf dem rechten Bild, besonders in der Mitte, schwärzliche Blattränder und rechts davon eine schleier- oder gallertartige Umhüllung der senkrecht nach unten wachsenden Adventivwurzeln.


Anmerkung für Internetbenutzer

Die beiden Algenmittel help und minus 2 sind in der Schweiz in guten Zoofachgeschäften erhältlich. Wo nicht, können sie zur Lieferung in der Schweiz (am Ender der Bestellliste) beim Verlag bestellt werden.

Für die Lieferung ins Ausland sind unterhalb dieser Bestellliste zwei Lieferantenadressen aufgeführt. Mit diesen können Sie sich direkt in Kontakt setzen.

    








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