Vom schrecklichen Kommen Christi

Viele gibt es unter jenen, die überhaupt noch einen Glauben an Gott haben – denn an die Wissenschaft zu glauben, die ihre Resultate stetig wieder korrigieren muss, ist auch ein Glaube – stellen sich die Wiederkunft Christi auf irgendeine Weise vor und begründen ihre Vorstellung mit Bibelstellen. Aber das überlegt sich dabei keiner, dass er ja aus der Geschichte längst vergangener Zeiten mit Schrecken erkennen müsste, dass schon das erste Kommen Christi sehr genau vorausgesagt wurde – und ihn dennoch die wenigsten erkannten und annahmen. Denn er, der als Rat, Kraft, Held und Friedefürst angesagt wurde, kam in einem Stalle zur Welt und erlernte bei seinem Ziehvater den Zimmermannsberuf. Wie kann der Christus sein? – So dachten damals die meisten. Und heute? Das ist im folgenden Text bis ins Detail beschrieben.

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VOM SCHRECKLICHEN KOMMEN CHRISTI

Warum denn ist sein Kommen so schrecklich und für wen? Schrecklich ist es für die, die ihn erwarten, und schrecklich ist es für die, die ihn nicht erwarten. Für die, die ihn nicht erwarten, ist es überrumpelnd und sie darum treffend und für die, die ihn erwarten, ist es schrecklich, weil sie völlig darüber verwirrt und uneins sind, wie er kommen wird! Wie schrecklich muss es aber für Wartende sein, bei der Ankunft nicht bereit zu sein und darum ausgeschlossen zu werden, gerade so, wie die fünf törichten Jungfrauen im Gleichnis Jesu über das Himmelreich, nur weil sie nicht genügend Öl der Liebe hatten, um ihre Lampen brennen zu lassen (Matth. 25, 1 - 13). Es heisst zwar in der Apostelgeschichte (1, 11): Er "wird kommen, wie ihr ihn gesehen habt in den Himmel fahren", – und das war auf einer Wolke gewesen – "die ihn aufnahm vor ihren Augen weg" (Apg. 1, 9). – Wer weiss es, was das für eine Wolke gewesen sein mag. Sie ist nicht beschrieben. Wir können uns also eine schöne weisse Wolke vorstellen. Wenn wir Offenbarung 1, 7 lesen, könnten wir aber eher auf eine sehr düstere Wolke stossen, wenn es dort heisst: "Siehe, er kommt mit den Wolken und es werden ihn sehen alle Augen und die ihn zerstochen haben; und werden heulen alle Geschlechter der Erde. Ja, amen".

Wird er also am Tage kommen oder in der Nacht? Da es ja sowohl am Tage wie in der Nacht weisse und düstere Wolken geben kann, so steht das nicht fest. Wohl heisst es, dass Jesus kommen werde "wie ein Dieb in der Nacht" (1. Thess. 5, 2); das aber bedeutet nur, dass es sehr überraschend geschieht und nicht, dass es in der Nacht geschehen müsse. Denn Jesus sagt (Matth. 24, 44): "... des Menschen Sohn wird kommen zu einer Stunde, da ihr's nicht meinet".  Und wenn die Erde – wie auch der Mensch in seiner Seele – beständig auf einer Seite Tag hat und auf der andern Seite Nacht, dann wird auf der Erde die Zeit der Ankunft für die einen in der Nacht sein und für die andern am Tage. Aber es ist dennoch nicht gewiss, ob er auf dem nacht- oder tagseitigen Teil der Erde kommt. Solche Zweifelsgedanken werden von der Nacht bewirkt, die aus den Verstandesgrübeleien im Menschen herkommt, welche sein Herz – den Sitz seiner Liebe – untätig und blind machen, sodass er kein Öl der Liebe mehr in seiner Lampe hat.

Darum gibt es wohl so viele Deutungen, wie es so genannte christliche Glaubensgemeinschaften gibt. Denn alle legen das Wort Gottes selber und auf ihre eigene Art aus. – Warum auch lässt es niemand von Gott selber auslegen und enthält sich jeder Auslegung für so lange, als es ihm Gott nicht selber gibt? Heisst es doch deutlich im Worte des Herrn: "Einer ist euer Meister, Christus; ihr aber seid alle Brüder (Matth. 23, 8).

Aber, – – wie war es denn bei seinem ersten Kommen gewesen? Haben ihn da nicht auch aller Augen gesehen, wenn er im ganzen Judenlande gepredigt hat oder gar, als er in Jerusalem einzog? Mit einem "Ja" müssen wir antworten, wenn wir unsere Frage auf seine Person beziehen; aber mit einem "Nein" müssen wir antworten, wenn wir damit sein Wesen meinen. Denn:  angekündigt war er den Juden durch den Propheten Jesaja nämlich folgendermassen (Jes.9, 5 - 6): "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heisst: Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst; auf dass seine Herrschaft gross werde und des Friedens kein Ende auf dem Stuhl Davids und in seinem Königreich, dass er's zurichte und stärke mit Gericht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth". – Da haben ihn ja alle nicht sehen können und seinem Wesen nach auch nicht gesehen, die zwar fest, aber unverständig an das buchstäbliche Wort Gottes in der Bibel glaubten. Denn ein König kommt niemals in einem Stalle zur Welt, lernt nicht das Zimmermannshandwerk – und überhaupt – wie konnte einer je Gottes Sohn werden in den Augen solcher Menschen, wenn er nicht aus dem Gott geweihten Tempel kam!? Jesus war in solcher Menschen Augen ein Randalierer im Tempel Gottes, wenn er dort die Wechsler und Krämer alle mit einem Strick vertrieb (Joh. 2, 15). Er war ein Gotteslästerer in solcher Augen, wenn er sagt, er sei Gottes Sohn und wenn er sagt: "Eher denn Abraham ward, bin ich" (Joh. 8. 58). Alle, die so urteilen, haben sein Wesen nicht gesehen und er blieb von ihnen unerkannt. Auch jene, die ihn töten liessen, haben ihn seinem Wesen nach nicht gesehen, denn zu ihrer Logik gehörte die Überlegung, dass – wenn er Gottes Sohn oder gar Gott, der Vater, wäre – er sich nicht töten liesse.

Auf seinem Weg durch Jericho sahen viele zwar seine Person, aber nur ganz wenige sahen sein Wesen als Gottes Sohn. Zachäus sah ihn jedoch so, und Jesus sah ihn darum auch an und rief ihn vom Baume herab, um bei ihm einzukehren (Lukas 19, 4 - 7). Sogar eine Hure – Maria Magdalena – erkannte ihn und sah ihn auch als erste als auferstanden – nach seiner Kreuzigung (Mark. 16, 9).  Auch die Heiden erkannten ihn; sogar der Pilatus – wenigstens in etwa – durch sein Weib. Aber das Kirchenvolk blieb verstockt im Herzen und darum auch im Verstande, dieweil es Gott nicht über alles liebte und seine Nächsten nicht wie sich selbst, sondern nur sich selbst liebte in der Zeremonie und in der durch sie geglaubten Rechtfertigung ihrer selbst. Sie alle zählen zu den Lauen, da sie zu nichts Liebe haben als zu der Ruhe ihres Gemütes, das sie in solcher Ruhe verkümmern lassen und darum vom Herrn ausgespieen werden (Offenb. 3, 6). Sie sind nicht seine Brüder und Schwestern (Matth. 12, 48 - 49), sondern Fremde, die der Herr nicht erkennt und noch nie erkannt hatte (Matth. 7, 23).

Die Juden warten denn auch noch heutigen Tags auf ihren Messias, und wohl noch ewig lange. Was kümmert aber das den Herrn, wenn Menschen ihre eigene Meinung lieber haben als das Verständnis seines Wesens aus seinem Worte, und ihre Lampen darum nicht brennen können?! Sie bleiben draussen – in ihrer eigenen Finsternis! Wie sehr aber heute fast alle christlichen Gemeinschaften wieder nach dem zeremoniellen Judentum sich richten und den damaligen, hartherzigen Juden zu gleichen beginnen, ist daran ersichtlich, dass sie um die Buchstaben zwar Krieg führen, den Geist der Liebe aber verwerfen, sodass sie sogar ihre eigenen Kinder zu töten (abzutreiben) beginnen – nach dem Rat der so genannt evangelischen Kirche sogar ohne jede Strafe! –; dass sie sich bemühen, Verhältnisse widernatürlicher Liebe "einzusegnen"; dass die Weiber sich über ihre Männer erheben und dass Weiber (= Eitelkeit, Sinnlichkeit, und Zeremonie – aber auch Feminismus) sie regieren und Kinder (= in innern Dingen Unerfahrene und nur äusserlich Ausgebildete) zu ihren Gebietern werden (Jes. 3, 11).

Kann es da nicht leicht geschehen sein, dass Jesus schon lange wie ein Dieb in der Nacht gekommen ist, die Seinen um sich versammelt hat und sie dadurch den andern genommen hat wie ein Dieb, der in der Nacht kommt, alles Wertvolle an sich nimmt und es den Schlafenden damit entwendet??

An was und womit wollen die Blinden denn den Herrn erkennen? An was will eine Braut, ihren Bräutigam erkennen, wenn nicht an seiner Liebe zu ihr. Wenn sie selber aber keine Liebe hat, wie will sie seine Liebe spüren? Wie will eine Seele ohne das Licht ihrer ölleeren Lampe den Herrn, ihren Bräutigam, in ihrer Nacht sehen können!?

Alle stumpf Gläubigen warten auf die Wiederkunft des Herrn, und zwar auf eine allgemeine Wiederkunft des Herrn. Aber nicht einer ist unter ihnen, der sich fürchtete, ihn nicht zu erkennen – nach all dem, was bei seiner ersten Ankunft schon geschehen war unter den Juden, was alles eben geschildert ward und in der Bibel nachzulesen wäre. Es ist die Überzeugung und als solche der blinde Glaube an sich selbst und an die Unfehlbarkeit des eigenen Verständnisses, der sie blind macht und darum unfähig, den Herrn zu erkennen, wenn er seine höheren Wege betritt, und nicht auf den verkommenen Wegen der Menschen einher kommt, die all das als Gross sehen, was vor Gott ein Gräuel ist.

Nur was ich heiss und innigst liebe, von dem befürchte ich beständig, dass es mir einmal verloren gehen könnte! Und nur wer so sucht, der findet auch und findet Wege zum Herrn, sodass er schon lange bei ihm weilen kann, während die andern noch stetig auf ihn warten. Denn allen ist ja verheissen (Joh. 14, 21): "Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebet. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren". Aber nur wenige drängen in ihrer Liebe so stark zum Herrn, dass sie krampfhaft an diesem Wort – dieser Verheissung – festhalten, bis dass sie in ihnen auch erfüllt werde. Alle andern lieben das Grosse der Welt und warten darum auch auf den grossen, allgemeinen Auftritt Jesu, während er doch demütig und bescheiden ist und bleibt wie damals, als er in einem Stalle zur Welt kam, und später dann in aller Stille aus der grossen Schar der Gaffer einen Zachäus fand und zu sich rief, und unter all den Weibern nur die reuigen suchte und fand und ihre Schuld in den Sand schrieb, während er die noch ein wenig besseren übrigen auf das Beispiel Marias, des Lazarus Schwester, verwies, die zu seinen Füssen sass und ihm zuhörte, statt ihm in allem Äussern zu dienen, und der die Restlichen stehen und gehen liess, wo sie eben standen und gingen. Sind da nicht schon zu jener Zeit alle in ein und demselben Bette gelegen – wie es Jesus als ein Bild seiner Wiederkunft beschreibt – (das heisst: haben in ein und derselben Kirche – in der äussern Zeremonie – geruht, anstatt tätig zu sein in der innern Reinigung, durch Busse und Umkehr) und nur ganz wenige (im Bilde Jesu: "einer") wurden angenommen, viele (im Bilde Jesu: "der andere") aber verworfen. Oder – nach einem weitern Bilde Jesu über seine Wiederkunft – : Haben nicht schon damals, bei seiner ersten Ankunft, zwei (verschiedene Seelen) in einer Mühle gemahlen (sind tätig gewesen für das Fortkommen), aber die eine (die für das innere Fortkommen gearbeitet hat) wurde angenommen, und die vielen anderen (die nur für ihr eigenes leibliches Wohl gearbeitet haben) wurden (durch sich selber, also durch ihr eigenes Bemühen) verworfen und verlassen (von Gott). (Beide Bilder Jesu finden sich in Lukas 17, 34 und 35.)

Wer das alles bedenkt, wie kann der so ruhig sein, wenn er Gott, den Vater liebt, der in Jesus wieder kommen soll? Wie kann der auf eine allgemeine Ankunft warten, von der er nicht weiss, wann sie kommt, wenn er doch das Versprechen hat, dass Jesus zu einem jeden wiederkommt und sich ihm offenbart, der ihn wirklich und über alles, das heisst über alle seine irdischen Interessen hinaus, liebt (Joh. 14, 21).

Wenn nun aber allgemein das Wort umginge: Siehe, da ist Jesus wiedergekommen! oder: Dort ist er und zieht und lehrt seine Schar; – – wie soll und wie kann der blinde Mensch dabei nur erkennen, ob das wirklich Jesus ist??! An so etwas denken die Menschen nicht! Und wenn es einen Menschen gäbe, der von sich aussagen würde, er sei Jesus und er sei in einer Nacht in einer Wolke gekommen; – – sollen wir ihm dann glauben, und warum? –  Warum nicht?!  Gäbe es aber mehrere solche; welchem glaubten wir dann? Ja, was dann? Erschrecklich ist es, in das Gericht zu fallen, und dann gar noch in das letzte!

Aus Galiläa steht kein Prophet auf, so ist geschrieben (Joh. 7, 52). Jesus war aber aus Galiläa! Nur jene, die Liebe hatten – tiefe, innige Liebe –, die spürten, dass da mehr als ein Prophet war, weil die Liebe die Liebe erkennt. Und so wurde dann für sie dasselbe Bibelwort, das die Blinden blind machte, zum Licht über Jesus (nämlich: dass er mehr als ein Prophet, und darum Gottes Sohn sei), oder: So wurde die Liebe – als der Vater – zum Ziehenden für sie, hin zu Jesus, wie es Jesus ausgesagt hat mit den Worten: "Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater, der (dessen Liebe) mich gesandt hat; und ich werde ihn erwecken am jüngsten Tage. Es steht geschrieben in den Propheten: 'Sie werden alle von Gott gelehrt sein'" (Joh. 6, 44 - 45). Und dennoch hat Jesus zu seinen Erdenlebzeiten viele Zeichen gewirkt, um möglicherweise wenigstens die Halbblinden noch gewinnen zu können. Sie bestanden aus Wundern und Heilungen, denn das Wort – als der Ausfluss der Liebe – verstehen die bloss Halb-verständigen (Halbblinden) nicht. Sie müssen etwas erleben, etwas spüren. Sind sie dabei voll Demut, so können sie aus dem Schlafe ihrer Liebe durch solche Zeichen geweckt werden und ihre liebenden Arme nach Jesus ausstrecken, der gekommen ist, das Verlorene zu suchen und alle zu erlösen, nicht nur die leiblich Kranken von ihrer Krankheit.

Welche Zeichen aber soll dann Jesus bei seiner Wiederkunft zur Bestätigung seiner Göttlichkeit wirken, dass wir ihn daran erkennen könnten? Das aber wird vor allem ein Zeichen sein, dass Jesus – als der Weg, die Wahrheit und das Leben, wie er sich bezeichnete (Joh. 14, 6) – in seinem Geiste der Wahrheit und allen Lebens wiederkommen wird zu uns Menschen – zum Einzelnen, wie im Allgemeinen – und dass er dann den oder die Menschen in alle Wahrheit leiten wird (Joh. 16, 12 & 13), also vieles noch enthüllen und sagen wird, das zu hören die damaligen Jünger zu ihrer Zeit noch nicht ertragen hätten. An diesem Neuen, das Bisherige übersteigende, wird man ihn dann auch erkennen, weil es höher stehen wird, als dass es die dannmaligen Menschen aus sich selbst herausfinden könnten.

Wer aber heute seine Augen offen hat und sehen kann, der sieht das Gericht, wie es sich heute weltweit anzubahnen beginnt – also nicht mehr örtlich, auf einige Gebiete oder Länder bezogen, wie es bis dahin immer wieder da und dort geschehen war. Die heutigen Menschen sind denn auch bemüht und bestrebt, durch ihre Globalisierung ihr Eigenliebiges möglichst global zu festigen, sodass dem Richter auch nichts mehr anderes übrig bleibt, als alles global zu richten, was sich nicht der Liebe fügt, was nicht dem Zuge des Vaters folgt. Also muss doch die allgemeine Wiederkunft bereits stattgefunden haben, wenn das Gerichtswort über die Zukunft der Erde schon gefallen ist, sodass es sogar aus dem Munde der Wissenschaft zu hören ist, die an Gott nicht einmal glaubt, weil sie nur glaubt, was sie sieht. Aber das sieht und rechnet sie dennoch schon füglich aus, was und wie es über die Erde kommen wird, wenn die Menschen ihrem derzeitigen Wirken nicht Einhalt tun. Sie – die Glaubenslose – kennt und verkündet das Urteil des Richters – durch die Bekanntmachung der unabänderlichen Naturgesetze und den Folgen ihrer Nichtbeachtung, deren sie sich selber schuldig macht durch ihr eigenliebiges Spiel mit ihnen. Wie sich auch alle Menschen durch ihr eigenliebiges Tun und ihre rücksichtslose Raffgier an ihnen versündigen, wovon schon gar viele von ihnen deren Folgen in sich zu fühlen und zu spüren beginnen.

– Wo aber bleibt dann der Erlöser??! Niemand kommt zu ihm, es sei denn, der Vater – oder die Liebe (Gott ist Liebe ...) – zieht ihn zu ihm hin (Joh. 6, 44). Dieses Wort Jesu gilt auch noch und vor allem heute. Wo aber und wie zieht diese Liebe? Inwendig, im Stillen nur – dort, wo uns das Reich Gottes zu kommen verheissen ist –, und sie zieht nur ganz sanft und doch muss die dadurch geweckte eigene Liebe dann so heftig stark zu ziehen beginnen, dass sie alle Ruhe des Gemütes verbraucht, bis dass sie ihren Urgrund, aus dem sie geworden war, wieder ganz gefunden hat. Das ist dann der Fall, wenn der Mensch auch zu spüren beginnt, wo er hingehört, nebst der klaren Einsicht, wo er herkommt. Dann ist er vom "Muss" des Gesetzes entbunden durch die drängende eigene Kraft zum liebevollen Gesetzgeber hin, der alles nur aus seiner Liebe werden liess und alles nur durch die Liebe erreichen will, der aber seine Liebeordnung der Unwilligen wegen nicht aufheben kann und darf, sodass diese durch ihren Eigensinn in ihrer eigenen Finsternis verweilen müssen, bis sie möglicherweise einmal wenigstens vom Überdruss zum Licht gedrängt werden, wenn schon ihre Liebe keinen solchen Zug dahin kennt. Kaum einer weiss jedoch, wie hartnäckig falsche Begründungen aller Liebewärme und allem Licht zu widerstehen vermögen. Nur Gott kennt die dafür erforderliche lange Zeit, gewährt sie auch einem jedem, der sie beanspruchen will, und nennt sie Ewigkeit. Und um diese geht es ja, wenn er wieder kommt.

Darum suche, suche, Mensch; verdamme und verwerfe nichts voreilig, sondern prüfe nach dem Worte und Ratschlag Pauli alles, und das Gute davon behalte (1.Thess. 5, 21). Dasjenige, was deine Liebe stärkt, sie ruhig werden lässt und auf diese Art zu ihrem "Zuhause" oder zu ihrem Grunde wird, das ist das Gute und Wahre – und sähe es auf den ersten bloss äussern Blick noch so merkwürdig oder gar unscheinbar aus, wie es damals für viele ausgesehen haben mag, als der Sohn Gottes in einem Stalle als eines Zimmermannes Sohn zur Welt kam. Er, als der von den Propheten mehrfach angekündigte und von allen erwartete Held und Friedefürst. Denn erst diese rührige Liebe bildet dann in dir die Wolke oder das Kondensat deines Liebewunsches im Himmel deines Gottesreiches in dir, die alleine fähig ist, deinen mächtigen Erlöser auch wirklich zu tragen und zu ertragen, sodass er dann auch ohne Gericht zu dir kommen kann weil er von dir dann auch voll angenommen wird. Denn dieweil du die Wolke selber werden liessest in dir durch deinen Liebewunsch, so siehst du sie auch an und erwartest von ihr das Kommen des Herrn nach seiner Verheissung, sodass du ihn dann auch leicht im Äussern finden kannst, wenn er einmal zu dir kommt – in welcher Form er dir auch einmal erscheinen und begegnen mag. Dein Herz nur wird ihn dir verraten!

12.9.1999

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