Kommunikation und Isolation

Eine Verbreitung dieser Gedanken erscheint heute notwendiger denn je.
Darum darf dieses Schriftstück auch ohne Quellenangabe nachgedruckt werden.

Noch besser wäre: Es werktätig zu beherzigen.


KOMMUNIKATION UND ISOLATION

Was braucht es von beidem? Um das beurteilen zu können, müssen wir wissen, wie beides wirkt. Kommunikation ist Weite, und Isolation ergibt Höhe oder Tiefe. Der Isolierte kann sich nicht verbreitern, sich nicht verlieren. Er kann nur immer höher steigen, um seinen Druck los zu werden; oder immer tiefer fallen von innerem Druck getrieben oder beschwert. Wohl hat auch dieser Druck das Bestreben in die Weite. Aber die Isolation verhindert diese Möglichkeit und gewährt eben dadurch das Erklimmen-Können ungeahnter Höhen. Aber Ruhe gibt es dadurch nicht für bleibend, zu gross ist der Druck der dabei erwirkten Fülle. Es muss einmal die Möglichkeit des Überfliessens gefunden werden. Und dieses Überfliessen ist dann lebendige Kommunikation! Wie in einem Bächlein aus einer Quelle hohen Standes sprudelt lebendig hüpfend das Wasser den Niederungen zu, die es durch die Munterkeit seiner Bewegungen und die mitteilsame Art seines Wassers belebt und bereichert, während bei vorzeitiger und steter Kommunikation ein träger Stillstand eintritt, der durch nichts mehr belebt werden kann, es sei denn durch die Trennung, die Isolation, wo dann die innern Umstände erst wieder fähig machen, zu steigen oder zu fallen. Was ist schöner und belebender, als nach tiefstem Fall den andern spüren zu können und seinen Drang zu empfinden, sich zu diesem tiefsten Punkte zu bequemen, um das darin Gefangene aus seiner Tiefe zu erlösen?! Und was ist anderseits befriedigender, als aus seiner isolierten Höhe andere teilhaben zu lassen am Reichtum solcher Höhe, solcher Lichtfülle und solcher Wärme. Das erst ist der richtige Punkt – und ergibt auch einen wahrhaftigen Grund zu einer Kommunikation. Andernfalls ist Kommunikation eine blosse Verhinderung, zu steigen oder zu fallen und damit sich selber kennen zu lernen – mithin ein Verhalten, das zum Tode führt, ebenso wie auch unbewegtes Wasser in kommunizierenden Röhren zu faulen beginnt. So wenig, wie blosse Isolation sinnvoll ist, ebenso wenig oder noch weniger sinnvoll ist blosse Kommunikation, weil sie nichts mehr vermitteln kann, weder ein Geben noch ein Nehmen ermöglicht. Sie ist – statt ein wirkliches Miteinander – ein blosses Nebeneinander, das zwar aussieht wie eine Einheit, aber zu empfinden ist wie ein Getrenntsein – ein Getrenntsein vom eigentlichen Lebensgrund.

7.10.2001

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