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NAMENLOSE SCHÖNHEITEN (Aus der Gattung Sagittaria) |
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Unter diesem Titel vermutet man vielleicht eine unbeschreibbare Schönheit. Dafür wäre dann allerdings die richtige Ausdrucksweise: "unnennbar" oder "unbeschreibbar" schön. Namenlos schön bedeutet hier nur, dass es etwas Schönes ist, das leider (noch) keinen (endgültigen) Namen hat. Sagittaria Unter dieser Gattung gibt es eine Pflanze, die ich vor über 40 Jahren einmal aus Deutschland als Echinodorus tenellus erwarb. Sie sieht aus wie eine echte Echinod. tenellus, nur fehlt ihr der sichtbare Mittelnerv, der bei allen mir bekannten Zwerg-Echinodorus-Arten farblich auffällig (meistens etwas heller leuchtend) ist. Zwergsagittarien haben jedoch keinen sichtbaren Mittelnerv. Der viel bedeutendere Unterschied zu Echinod. tenellus besteht jedoch in der Wuchskraft und Anspruchslosigkeit dieser Pflanze. Sie gedeiht fast in allen Aquarien meiner grossen Kundschaft, die über 40 Jahre lang aus meiner Wasserpflanzenzüchterei Aquarienpflanzen bezogen haben! Warum nur "fast"? Diese Frage liess sich im Laufe der langen Zeit klären: Allen, welche die in meinem Buch "Liebe und Verständnis für das Aquarium" beschriebene Kornstruktur in ihrem Boden haben, gedeiht sie sehr gut und äusserst zuverlässig – und das haben früher oder später fast alle meine Kunden gehabt, weil ja erfahrungsgemäss nur solche Bodengründe eine Überlebenschance von deutlich mehr als einem Jahrzehnt haben (ohne je gewechselt oder ausgewaschen zu werden, versteht sich). Bei gröberer Kornstruktur, etwa von 2 bis 4 mm, versagt dieser sonst so muntere Zwerg sehr oft. Anderseits ist es ihm jedoch gleichgültig, ob hartes oder weiches Wasser, ob viel oder wenig Licht, ob mit oder ohne Filterung; überall wächst er zügig – nur eben im groben Sand nicht. Auch bei wenig Licht bleibt er stets niedrig (ca. 3 bis 4 cm hoch) und bildet äusserst satte Rasen. Nur wenn er sich in ganz dichte Bestände höher werdender Pflanzen hinein verbreitert, wird er dort grösser (bis ca. 10 cm), sonst erreicht er kaum je 5 cm Höhe. Seine Blätter treibt er stets bogenförmig. Seine Farbe ist hell- bis sattgrün.
Diese Pflanze eliminiert als Bodendecker, das in Bodennähe immer konzentriertere Nitrat im Wasser gründlich und reichert die unterste, normalerweise sauerstoffärmere Wasserschicht mit Sauerstoff an, was eine Filterung in einem sonst normal betriebenen Aquarium überflüssig macht. Von dieser Pflanze brauchten wir bis zu 500 Stück pro Monat! So begehrt ist sie, weil sie wirklich nie versagt. Weil man aber auch sie mit einem Namen verlangen muss, haben wir sie jahrelang als Echinod. tenellus verkauft. Heute nennen wir sie auch Sagittaria eatoni, was wohl ebenso falsch ist; einzig der Gattungsname wird zutreffender sein.
Eine weitere namenlose Sagittaria-Art entwickelt dagegen ganz feine, aber nicht so uniforme Rasenflächen. Ihr Erscheinungsbild (unter Wasser versteht sich) gleicht jenen Trockengräsern, wie wir sie von lichten Föhrenwäldern her kennen. Die "Grasfläche" sieht nicht so konventionell gepflegt aus wie jene der beiden vorher beschriebenen Arten, sondern hat ein so richtig alpenhaftes Aussehen: zwar dicht, aber unendlich fein und etwas unterschiedlich in der Form der Blattgestaltung sowie der Farbe. Ihre Farbe kann – manches Mal an ein und derselben Pflanze – von gräulichem Grün über olivgrün bis goldgrün und karminrot wechseln und ihre bloss 1 bis höchstens 2 mm breiten linealischen Blätter sind nie gerade, aber auch nie regelmässig nach aussen zu gebogen wie bei den zuerst beschriebenen Arten, sondern sind leicht hin und her gebogen, eher aufrecht stehend, ein traumhaft schönes und ursprüngliches Bild vermittelnd und etwa 4 bis 8 cm hoch werdend.
Weil ich diese Art erst seit ca. 15 Jahren kenne und sie nicht in demselben Masse verkaufe wie die falsche Echinod. tenellus, kann ich über weitergehende Erfahrungen meiner Kundschaft weniger aussagen. In unserer eigenen Anlage aber gedeiht sie überall recht gut. Ein Unterschied zu den beiden vorher genannten Arten besteht allerdings: Im Schatten dichter und hoher Pflanzenbestände wird diese Art nicht etwa grösser, sondern verkümmert. Es darf aber aus dieser Bemerkung nicht geschlossen werden, dass sie viel Licht braucht. Im Gegenteil – in unserer Zuchtanlage arbeiten wir mit Lichtwerten, die in der üblichen Literatur als absolut ungenügend bezeichnet werden, obwohl wir ja vom Verkauf und deshalb von der Wuchsfreudigkeit der Pflanzen abhängen; also kommen die allgemein empfohlenen Lichtmengen bei normal betriebenen Aquarien mit üblichem Pflanzenbesatz einer blossen Umweltbelastung gleich. Wir haben die bei uns üblichen Lichtmengen ebenfalls in unserem Aquarienbuch präziser angegeben. Wer eine solche urwüchsig bunte Graslandschaft einmal in seinem Aquarium gestalten möchte, hat keine andere Wahl als diese Pflanze. Das macht sie so wertvoll! Weil man auch diese Pflanze irgendwie vorläufig bezeichnen muss, nennen wir sie einstweilen Sagittaria 'filiformis' ihrer fast fadenförmigen Blätter wegen, obwohl es sich kaum um die echte Sagittaria filiformis handelt, die nirgendwo im Handel erhältlich ist.
Eine andere Art, die ich vor ca. 20 Jahren erhielt, fand ich nach langem Suchen endlich in einem Buch erwähnt. Bezeichnenderweise war es kein Aquariumbuch, auch kein Wasserpflanzenbuch, sondern ein Buch über Gartenpflanzen: "Die Gartenstauden" Band 1 von H.R. Wehrhahn, erschienen 1931, Reprint (Parey-Verlag) 1989, Seite 7. Als Sagittaria subulata var gracillima wird sie dort beschrieben. Ihre Blätter sind äusserst hart, oft beinahe drahtig anzufühlen, jedoch bloss mit den Augen betrachtet äusserst feinfädig und leicht erscheinend, aber dennoch stets gerade und senk-recht aufsteigend. Sie sind so bezaubernd fein gestaltet, dass man auf sie kaum verzichten möchte, obwohl sie für das Aquarium die unangenehme Eigenschaft haben, bis zu 1,5 m lang zu werden.
Trotz ihres feinen und zarten Vorhangbildes, das diese Pflanzen in grösseren Beständen entwerfen können, sind sie robust und gegen Frass unempfindlich. Allerdings wachsen sie nicht so schnell wie andere Arten dieser Gattung, gedeihen aber dennoch praktisch überall mit einer gewissen Sicherheit. Eine Abbildung ist extra in der Weise von unten her aufgenommen worden, dass die sich auf die Wasseroberfläche legenden Blattabschnitte ersichtlich werden, um zu zeigen, dass diese Pflanzenart sogar ihre "Unart", etwas allzu lange Blätter zu treiben, noch mit einer gewissen Anmut betreiben kann. Ein weiterer Vorteil der hoch wachsenden Sagittarien – gegenüber fast allen Arten von Vallisnerien (mit Ausnahme der Vall. gigantea) – besteht darin, dass sie gegen Fischheilmittel und Algenmittel viel unempfindlicher sind als diese. Man verliert sie also nicht so schnell und kann sich jahrelang an ihnen erfreuen. Eigentlich hoffe und wünschte ich mir, dass diese etwas zu karg in der Aquaristik vertretene Gattung endlich einmal mehr Beachtung und Zustimmung erhalten würde, so sehr ich selber anfänglich nicht begeistert über sie urteilen mochte. Denn sie bietet vieles und das immer mit einer grösseren Sicherheit als Arten anderer Gattungen bei derselben Verwendungsmöglichkeit. 2006 Diese Schrift ist gedruckt nicht erhältlich |